Im Durchschnitt isst jeder Deutscher mehr als 11 kg Schokolade im Jahr. Guten Gewissens können das nur die Kunden des fairen Welthandels, zum Beispiel im Fellbacher Weltladen, tun. Denn im konventionellen Kakaoanbau sind Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung an der Tagesordnung. Das Fair-Handels-Unternehmen Perú Puro zeigt vor Ort, dass der Anbau von Kakao ohne Ausbeutung von Mensch und Natur möglich ist.
Über 60 Prozent des weltweiten konventionellen Kakaos werden in Ghana und an der Elfenbeinküste angebaut. Allein dort arbeiten 2,2 Millionen Kinder im Kakaosektor unter ausbeuterischen Bedingungen. Auch Erwachsene verdienen nur etwa 0,78 US-Dollar pro Tag, weit weniger als das existenzsichernde Einkommen von 2,51 US-Dollar. Schon jetzt sind mehr als 90 Prozent der Regenwälder Ghanas und der Elfenbeinküste verschwunden, maßgeblich getrieben vom Kakaoanbau. Dabei ist es möglich, die Kakaoherstellung sozial, ökologisch und ökonomisch nachhaltig zu gestalten. Um dieses Ziel zu erreichen, sind eine andere landwirtschaftliche Praxis, das Handeln auf Augenhöhe mit den Kakaoproduzenten und letztendlich auch eine Änderung des Verbraucherverhaltens notwendig.
Im konventionellen Bereich wird Kakao in Monokulturen und fast ohne Schattenbäume angebaut. Unterwuchs wird entweder arbeitsintensiv von Hand oder teuer und schädlich mit Ackergiften bekämpft. Die Anbauflächen werden meist durch Brandrodung von Regenwäldern nutzbar gemacht. Dies zerstört nicht nur die Regenwälder und die Lebensgrundlage von Menschen und Tieren, sondern auch die Böden, weil Bodenorganismen vernichtet werden. In den dicht stehenden Kakaobäumen breiten sich Krankheiten und Schädlinge ungehindert aus. Weltweit werden etwa 40 Prozent der Kakaoernte durch Krankheiten und Schädlinge vernichtet. Zudem nimmt die Bodenfruchtbarkeit rapide ab, weil Monokulturen den Böden übermäßig Nährstoffe entziehen. Wenn Bewässerung, Pestizide und Kunstdünger nicht mehr helfen, werden neue Regenwälder gerodet. Ein Teufelskreis.
Das Fair-Handels-Unternehmen Perú Puro und sein peruanischer Partner, die 45-köpfige Kakaobauern-Kooperative APECMU, zeigen, dass es anders geht. Zusammen haben sie Agroforstsysteme entwickelt, in denen Kakao neben vielen anderen Pflanzen wächst. Durch die Mischkulturen werden für die Landwirtschaft verlorene Böden wieder nutzbar gemacht und die Bodenfruchtbarkeit bleibt dauerhaft erhalten. In diesen Kakaogärten werden bis zu 70 verschiedene Baumarten gepflanzt, zwischen denen sich Kakaobäume besonders wohlfühlen. In den letzten 20 Jahren konnten so über 1,5 Millionen Bäume gepflanzt und damit gut 120 Hektar Monokulturen in Agroforstsysteme umgewandelt werden. Das eigentliche Geheimnis findet sich aber unterhalb der Kakaobäume, wo Bodendeckerpflanzen das Erdreich festhalten, den Boden durchlüften, Nährstoffe anreichern und die Austrocknung verhindern. So können diese Flächen dauerhaft bewirtschaftet werden und neben der Kakao- auch der Nahrungsmittel- und Holzproduktion dienen.
Da auf diese Weise zahlreiche nachhaltige Einkommensquellen geschaffen werden, können die Familien ihren Bergregenwald schützen und einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Betrachtet man den Gesamtertrag des Agroforstsystems – die Wertschöpfung von Kakao, die Holzproduktion, den Anbau von Früchten und Gemüse und den wegfallenden Kauf von Dünger und Pestiziden – so liegt er deutlich höher als der von Monokulturen. Dadurch können die Kinder der Familien ganzjährig zur Schule gehen und sind nicht gezwungen, zum Familieneinkommen beizutragen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die besonders hohe Qualität des Kakaos. Es werden weltweit beinahe ausschließlich Hochleistungssorten angepflanzt, die auf Massenerträge und Krankheitsresistenzen, nicht aber auf guten Geschmack gezüchtet wurden. Nur im abgelegenen Urubambatal in Peru hat sich der seltene Ur-Kakao Chuncho erhalten. In dieser Region wurde Kakao vor ca. 6000 Jahren zum ersten Mal von Ureinwohnern angebaut. Genau dieser seltene und geschmacklich einzigartig fruchtige Chuncho wird heute von der Kooperative APECMU gezielt nachgepflanzt.
Und die Kooperative führt die Ernte-Nachbereitung, die für eine hohe Qualität entscheidend ist, zentral durch. Der frische Kakao wird von den Höfen abgeholt, von Hand selektiert und in der kleinen Anlage der Kooperative temperaturkontrollier fermentiert und fachgerecht getrocknet. Alle Produkte, die zu 100 Prozent aus Kakao bestehen, wie Bohnen, Nibs, Tee und Kakaomasse, können jetzt direkt vor Ort von der Frauengruppe der Kooperative hergestellt werden.
Perú Puro kauft den Kakao direkt bei der Kooperative der 45 Kleinbauernfamilien ein und finanziert die Ernte komplett vor, damit die Kooperative keine Kredite aufnehmen muss. Der Preis orientiert sich nicht am Weltmarktpreis, sondern an der Qualität der Produkte. Perúi Puro zahlt den Kooperativen-Mitgliedern mehr als das Doppelte des Mindestpreises, der sonst für Bio-Kakao mit Fairtrade-Siegel gezahlt wird.
Billig ist konventionelle Schokolade nur, weil die Kosten der Regenwaldzerstörung und die Ausbeutung der Menschen sich nicht im Preis wiederfinden. Werden negative Effekte vermieden, wird Schokolade teurer. Aber vielleicht gelangen die Verbraucher*innen irgendwann zu der Erkenntnis, lieber eine sortenreine Edelschokolade und hochwertige Kakaoprodukte mit gutem Gefühl und hervorragendem Geschmack zu genießen, statt billige Massenware zu konsumieren. Und sie können mit dem leckeren Genuss dazu beitragen, den Regenwald zu schützen.